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Foto: pixabay.com

Herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum

Carmen Hobohm (Foto: Kaltenschnee)

Geboren und aufgewachsen ist Carmen Hobohm in Hanau. „Die Stadt hat schon sehr lange eine Zuwanderungsgeschichte. Viele meiner ehemaligen Schulfreunde kamen aus Gastarbeiterfamilien, wie man damals noch sagte“, erinnert sie sich. Anders als viele andere Deutsche sei sie ohne Berührungsängste und ohne Vorurteile aufgewachsen. Auf ihren vielen Reisen hat sich diese Haltung später gefestigt. „Ich bin mir aber dennoch voll und ganz bewusst, wie privilegiert ich bin, als Weiße, in Deutschland, in Europa, in der EU aufgewachsen und in Besitz eines deutschen Passes.“ Diese Privilegien sind für Carmen Hobohm Grund, ja vielleicht auch persönliche Verpflichtung, sich für andere Menschen einzusetzen, Menschen mit Migrationshintergrund oder aus ihrem Herkunftsland geflüchteten Menschen zu helfen, sich in die Gesellschaft zu integrieren. „Als Gesellschaft angekommen sind wir letztendlich, wenn Migration Vielfalt bedeutet und wenn wir dieser Diversität mit Toleranz und Respekt begegnen.“

Nach dem Abitur hat sie Politik, Pädagogik und Sozialwissenschaften in Frankfurt am Main studiert, war lange in der sozialpädagogischen Kinder-, Jugend- und Familienhilfe im Main-Kinzig-Kreis tätig. Dort seien ihre Tätigkeitsfelder sozialpädagogische Familienhilfe, Kinderschutz und begleiteter Umgang bei Trennung der Eltern gewesen. „Doch ich wollte etwas machen, das politischer ist“, sagt sie bestimmt. Eine Freundin erzählte bei einem Treffen vor etwas mehr als zehn Jahren, dass das Rote Kreuz in Büdingen eine Stelle in der Migrationsberatung besetzen wolle. „Bewirb dich doch da“, habe die Freundin gesagt und Carmen Hobohm genau das getan. „Dann ging alles überraschend schnell. Kurz nach dem Bewerbungsgespräch sagte man mir, dass man mich gerne hätte“, berichtet sie. „Ich habe angefangen und war sofort Feuer und Flamme, hatte das Gefühl der Welt die Tür zu öffnen.“ Der Diplom Sozialarbeiterin gefällt der hohe inhaltliche Anspruch ihrer Arbeit. Sie kann viel bewegen, ist intellektuell und menschlich gefordert. Das macht ihr Freude. „Zu mir kommen Frauen, die sich von ihren Männern trennen wollen und existentielle Ängste haben oder Bildung und Ausbildung anstreben, um unabhängig zu sein. Zu mir kommen aber auch Männer, die von einer Zwangsheirat betroffen sind und ihre Cousinen, die sie nicht einmal kennen, heiraten sollen.“ Ihre Erfahrungen in der sozialpädagogischen Familienhilfe sind ihr beim Roten Kreuz nützlich. „Ich schaue mir an, was jemand braucht: einen Sprachkurs, ein Verfahren zur Berufsqualifikation, eine Niederlassungserlaubnis, Familiennachzug oder vielleicht auch eine Familienhilfe.“ Ihre Tätigkeit erfordert, in rechtlichen Belangen immer auf dem neuesten Stand zu sein. Deshalb nimmt sie regelmäßig an Fortbildungen teil. Es ändere sich ständig etwas - zum Beispiel in Bezug auf das Aufenthaltsrecht oder die Asylpolitik.

Sie holt ihren Schlüsselbund aus der Hosentasche; daran ein rotes Band, in das schwarz auf weiß das DRK-Motto „Aus Liebe zum Menschen“ eingewebt ist. „Dieses Band habe ich seit zehn Jahren. Das, was dort steht, ist mein Credo. Das ist es, was mich in meiner Arbeit als Migrationsberaterin antreibt“, sagt sie und ergänzt: „Doch auch ich bin durchaus manchmal genervt und stoße in der Beratung an meine Grenzen, beispielsweise wenn ein Asylantrag abschließend abgelehnt ist. Da kann auch ich nicht mehr helfen.“ 

Die 51-Jährige ist stolz darauf, für einen großen, international tätigen Wohlfahrtsverband zu arbeiten. Anders als zum Beispiel kirchliche Arbeitgeber im sozialen Bereich, sei das Rote Kreuz seit jeher dem Neutralitätsgrundsatz verpflichtet. Auch das gefällt ihr. In den zurückliegenden zehn Jahren hat sie ein gut funktionierendes Netzwerk im Osten des Wetteraukreises aufgebaut, in dem die Behörden, Integrationskursträger und soziale Institutionen, ebenso ihren Platz haben wie die vielen ehrenamtlich Engagierten aus den Städten und Gemeinden. Braucht jemand Unterstützung, weiß Carmen Hobohm, wer weiterhelfen kann. Doch auch übergeordnete Aufgaben übernimmt die engagierte Frau: So vertritt sie zum Beispiel den DRK-Kreisverband in der Vorstandsgruppe der Liga der freien Wohlfahrtspflege Wetterau und nutzt die Interkulturellen Wochen, um mit verschiedenen Veranstaltungen das Thema Migration in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken.

Sie muss bei jedem, der ihre Hilfe in Anspruch nimmt, die rechtliche, die persönliche, die menschliche und nicht zuletzt die sprachliche Ebene unter einen Hut bringen. „In der Migrationsberatung kümmern wir uns um Menschen aus Europa, aus Drittstaaten und um jene, die schon lange in Deutschland leben.“ Nicht jeder von ihnen verstehe gut Deutsch. „Wenn Menschen, die schlecht Deutsch verstehen, eine Beratung brauchen, muss ich das Fachsprachliche in leichte Sprache übertragen, also verständlich machen. Einige meiner Klienten sagen deshalb, „‘Frau Hobohm ist unsere Übersetzerin.‘“ Der Sozialarbeiterin geht es darum, den Menschen bei der Mobilisierung eigener Ressourcen zu unterstützen, damit sie ihr Leben selbst in die Hand nehmen und sie mit ihren Fähigkeiten wachsen. „Man muss den Menschen in der Beratung auf Augenhöhe, mit Wertschätzung und Achtsamkeit begegnen. Nur dann gelingt das Konzept der Hilfe zur Selbsthilfe und dann gelingt Integration.“