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Foto: pixabay.com

Wir gehen neue Wege in der Pflege

Stefanie Sy (rechts), Pflegedienstleitung des DRK Senioren- und Pflegeeinrichtung „Am Seemenbach“, unterstützt Sukittra Sornsena, Nantaka Suksawat, Nuanjam Panlam (von links), nach Kräften bei deren Integration. (Foto: Elke Kaltenschnee)

Vier junge Frauen sitzen auf der Schaukel im Garten der DRK Senioreneinrichtung „Am Seemenbach“. Drei von ihnen sind die Thailänderinnen Nantaka Suksawat (31), Sukittra Sornsena (26) und Nuanjan Panlam (28), die vierte ist Pflegedienstleiterin Stefanie Sy. Am 17. Oktober des vergangenen Jahres sind die thailändischen Frauen aus Bangkok kommend in Frankfurt gelandet. Eine Agentur hatte sie zuvor als Pflegekräfte in die Senioreneinrichtung des Büdinger Roten Kreuzes vermittelt. „Der Fachkräftemangel in Deutschland, vor allem bei uns im Pflegebereich, war der Grund, aus dem wir uns dazu entschlossen, mit Hilfe einer Agentur im Ausland Fachkräfte anzuwerben“, erklärt Stefanie Sy nun. Das sei für alle Beteiligten – Pflegedienstleitung, Kolleginnen und Kolleginnen, die Menschen, die in der Einrichtung leben und auch für die Frauen aus Thailand -  Neuland. 

Tong, Dao und Ple, wie sie von allen genannt werden, haben in Thailand mehrere Jahre im Krankenhaus gearbeitet. „Dort muss man ein vierjähriges Studium absolvieren, um als Krankenschwester zu arbeiten“, berichtet Tong. „Das Studium ist teuer und in Deutschland nicht anerkannt“, ergänzt Stefanie Sy.  Deshalb wurden die drei nach ihrer Ankunft zunächst als Pflegehelferinnen eingesetzt. Tong und Dao sind mittlerweile als Pflegefachkräfte zertifiziert, Ple, die jüngste, wird die Zertifizierung noch in diesem Jahr bekommen. Fachliche Kompetenz bringen die Thailänderinnen allemal mit, sprachlich sind die Hürden hoch.  

„Deutsch ist eine schwere Sprache“, sagt Tong denn auch. „Eine Sprache lernt man im Alltag“, nickt Stefanie Sy. Anfangs hätten die drei sich nicht recht getraut, Deutsch zu sprechen, aber das habe sich mittlerweile geändert. „Es ist uns wichtig, Tong, Dao und Ple gut zu integrieren. Wir kümmern uns und sind stets als Ansprechpersonen für sie da. Wir wollen, dass die drei nicht überfordert sind und dennoch genauso gefordert wie ihre Kolleginnen und Kollegen.“ Gleich am ersten Tag habe sie deshalb gesagt: „Ihr müsst fragen, fragen, fragen. Wenn ihr etwas nicht versteht oder nicht weiterkommt, dann fragt. Wir helfen.“ Im Team der Senioren- und Pflegeeinrichtung gibt es viele verschiedene Nationalitäten mit unterschiedlichem kulturellen Hintergrund. Da würden Dao, Ple und Tong gut hineinpassen, so die Pflegedienstleiterin. Wie die Verständigung mit den Bewohnerinnen und Bewohnern in der Einrichtung klappt, wollen wir wissen. Schließlich hören viele Menschen schlechter, wenn sie älter sind und der Anteil der an Demenz Erkrankten ist hoch. „Die Sprache ist schwer“, sagt Tong da noch einmal, „Ich verstehe manchmal nicht, was ein Bewohner möchte, dann frage ich nach und wenn ich es dann immer noch nicht verstehe, frage ich noch einmal nach. Und wenn es gar nicht klappt, hole ich eine Kollegin oder einen Kollegen.“  Dao lacht und freut sich: „Wir haben Kollegen, die helfen, wenn wir sie brauchen.“ 

Nach Deutschland sind Tong, Dao und Ple aus unterschiedlichen Gründen gekommen. Tong reist gerne und möchte Europa erkunden. Ihre Kollegin Ple nennt einen handfesten Grund: „In Deutschland verdiene ich mehr als zuhause.“ Aus ihrem Heimatland fort in die Fremde zu gehen, um Care-Arbeit zu leisten, war für alle drei ein schwerer Schritt. „Mein Vater und meine Mutter, meine Großeltern sind auch alt. Ich bin in Deutschland und kümmere mich um alte Menschen“, sagt Tong. In der Anfangszeit hätte sie großes Heimweh gehabt, doch es werde besser. Kontakt mit Familie und Freunden hält sie per Telefon und Messengerdienst. „Ich telefoniere jeden Tag mit zuhause“, sagt sie. 

Stefanie Sy hat den Schritt nicht bereut, Pflegefachkräfte in Thailand anzuwerben. „Es ist eine Herausforderung, weil die deutsche und die thailändische Kultur so unterschiedlich sind. Aber ich würde es wieder tun. Es ist eine Möglichkeit, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Ich denke, so sieht die Zukunft aus. Für die Bewohnerinnen und Bewohner, ja auch für das Pflegeteam sind Menschen aus anderen Kulturen ein Gewinn. Sie bringen andere Herangehensweisen mit und bereichern auf diese Weise unsere Arbeit.“ 

Tong, Dao und Ple wollen zurück an ihre Arbeit und fragen, ob es okay ist, wenn sie gehen. 

„Sie sind alle drei sehr mutig“, sage ich an die drei gerichtet: „Sie haben Ihre Heimat verlassen, sind in ein Land auf der anderen Seite der Welt gekommen, um hier zu arbeiten.“ Alle drei schauen mich verwirrt an. Das Wort „mutig“ kennen sie noch nicht. Tong lässt es sich von einer App übersetzen. „Ja, ich denke, wir sind mutig“, sagt sie dann und ihre beiden Kolleginnen nicken.