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Foto: pixabay.com

"Zeit schenken, vorlesen, nah sein"

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Petra Albus koordiniert die Arbeit der Hospizhilfe Büdinger Land. (Foto: Elke Kaltenschnee)

Seit vier Jahren sind die Ehrenamtlichen der Hospizhilfe Büdinger Land in der DRK Senioren- und Pflegeeinrichtung am Seemenbach aktiv, begleiten Menschen in der letzten Lebensphase und unterstützen Angehörige. „Wir sind sehr dankbar, dass die Ehrenamtlichen für die Menschen da sind, die in unserem Haus leben. Unser Team kümmert sich um Pflege und Betreuung, koordiniert die ärztliche Versorgung. Die Hospizhilfe ist ein gutes zusätzliches Angebot, das auch die Angehörigen entlastet“, sagt Franz Grefenkamp, Leiter der Einrichtung am Seemenbach denn auch. 

Die Arbeit der Hospizhilfe wird seit 2017 von Petra Albus koordiniert. Die examinierte Krankenschwester hat Fortbildungen in der Intensivpflege und der Palliativpflege absolviert sowie vier Jahre in einem stationären Hospiz gearbeitet. „Hospizarbeit bedeutet zuhören, Zeit schenken, einfach da sein, erläutert Petra Albus und ergänzt: „Die Person, die wir begleiten, kann uns ohne Scheu in Beschlag nehmen. Wir spielen, machen Musik, lesen vor. Einige von uns beten, falls das gewünscht ist.“ Bestimmte Themen würde gerade die ältere Generation nicht mit Angehörigen besprechen. Den Ehrenamtlichen hingegen würden Menschen durchaus etwas anvertrauen, das auf der Seele laste. 

In der DRK Einrichtung versucht die Hospizhilfe schon früh Kontakt mit Bewohnerinnen und Bewohnern herzustellen. Oft geschieht das bereits, wenn jemand in die Einrichtung einzieht und eine Patientenverfügung ausgefüllt werden soll. Auch dabei unterstützt die Hospizhilfe Büdinger Land. Wenn dann später einmal Hospizbegleitung gewünscht wird, ist auf diese Weise und im besten Fall bereits Nähe aufgebaut und Vertrauen vorhanden. „Wenn sich Menschen vom Leben zurückziehen, viel vom Sterben sprechen, ist das oftmals der Moment, in dem die DRK Einrichtung an uns herantritt“, berichtet Petra Albus. Meistens sind es Mitarbeitende der Einrichtung, die sehen, dass ein Mensch Begleitung gebrauchen kann, selten nehmen Angehörigen von sich aus Kontakt mit dem Verein auf. Aufgrund der guten Zusammenarbeit verlässt sich die Hospizhilfe sich auf die Einschätzung die Pflege- und Betreuungskräfte. 

„Ich wähle dann die Person aus, die den Bewohner begleitet. Da muss die Chemie stimmen“, so Petra Albus. Die Hospizhelfenden melden sich vor jedem Besuch im Stationszimmer in der DRK Einrichtung, fragen, ob es etwas Neues oder Besonderes gibt, das sie an diesem Tag beachten sollten. Möchte der begleitete Mensch an diesem Tag keinen Besuch haben, respektieren die Ehrenamtlichen das.

Die Angehörigen haben viele Fragen. Oft erleben sie zum ersten Mal die letzte Lebensphase eines Menschen. Viele sind zudem überlastet, manche wütend, sagen „Ich kann nicht mehr.“ Oder sie sagen es nicht, weil das Thema ein Tabu ist. „Zu uns kann man sagen, dass man überfordert ist, auch weil wir eine Schweigepflicht haben“, sagt Petra Albus. Die Hospizhilfe entlastet schließlich nicht nur Menschen, die in der DRK Einrichtung leben, sondern auch die Angehörigen, unter denen es auch jene gibt, für die es einfacher ist, jemanden zu besuchen, wenn ein Hospizhelfer dabei ist.

In der letzten Lebensphase werde Essen und Trinken für die Angehörigen zu einem zentralen Thema. „Beides dient dazu, Leben zu erhalten“, so die Hospiz-Koordinatorin. Doch am Ende eines Lebens hören viele Menschen damit auf, Nahrung zu sich zu nehmen. Früher wurde dann künstliche Ernährung eingeleitet, heute geschieht das nicht mehr regelhaft. Doch der Wunsch, einem Menschen in der letzten Lebensphase Fürsorge zukommen zu lassen, führt dazu, dass Angehörige verunsichert sind, wenn er weder isst noch trinkt. „Nur stellt der Körper seine Funktionen nach und nach ein. Die Organe arbeiten nicht mehr richtig, der Körper braucht keine Energie mehr. Flüssigkeit kommt dann nicht mehr da an, wo sie gebraucht wird. In dieser Phase des Verzichts auf Nahrung können sogar Glückshormone freigesetzt werden“, erläutert Petra Albus. Auch hätten Angehörige den Drang, immer bei dem Menschen in der letzten Lebensphase, immer greifbar zu sein. „Doch viele Menschen, deren Leben sich zum Ende neigt, sterben alleine. Es ist ein intimer, ein privater Moment“, sagt sie. Es geschehe nicht selten, dass sie in dem Moment sterben, in dem die Angehörigen das Zimmer verlassen. „Auch aus dieser Erfahrung heraus stärken wir die Angehörigen darin, Sterbenden zu vermitteln: Es tut uns weh, wenn du stirbst, aber es ist okay, wenn du gehst. Du darfst gehen. Für die Angehörigen ist es erleichternd, wenn sie sich auf diese Weise verabschieden.“